Hier findest du alle wichtigen Informationen zur Nutzung von Legal Walls.
Legal Walls? Nutzungsvarianten Material Übermalen und Crossing Motiv und Inhalt Respect the locationLegal Walls?
Legal Walls (legale Wände, auch als Hall of Fame bezeichnet) sind speziell ausgewiesene oder gewidmete Flächen an denen Graffiti-KünstlerInnen ihre Werke im öffentlichen Raum realisieren können, ohne rechtliche Konsequenzen befürchten zu müssen bzw. gegen geltendes Recht zu verstoßen.
In Österreich werden Graffiti rechtlich als Straftat nach §125 StGB. (Sachbeschädigung >) bzw. §126 StGB. (schwere Sachbeschädigung >) geahndet, wenn ein Werk ohne dem Einverständnis des Eigentümers einer Fläche entsteht.
Eine legale Graffitiwand ist dadurch charakterisiert, dass der Eigentümer der jeweiligen Fläche – sei es eine Kommune, ein Privatunternehmen oder eine öffentliche Institution – ausdrücklich die Genehmigung zur künstlerischen Gestaltung durch Graffiti erteilt hat. Dies eliminiert das Risiko rechtlicher Verfolgung wegen Sachbeschädigung und schafft zudem einen legalen Rahmen für die Ausübung dieser Kunstform.
In Österreich gibt es bereits einige legale Graffitiwände. Die meisten dieser Flächen finden sich in Wien, aber auch in vielen anderen Städten des Landes sind bereits solche Zonen eingerichtet worden. Ein Zeichen dafür, dass viele städtische Verwaltungen bereits die Vorteile solcher Flächen erkannt haben: Die Legal Walls tragen maßgeblich zur Förderung der urbanen Kunstszene bei, reduzieren illegale Graffiti und bereichern das Stadtbild durch ständig wechselnde, farbenfrohe Kunstwerke.
Merkmale einer Legal Wall:
- Laufende Bemalung bzw. Übermalung und Neugestaltung der Flächen
- Ausdrücklich erlaubt durch den Eigentümer einer Fläche (daher entsteht keine Sachbeschädigung durch die Bemalung)
- Freie Gestaltung / Motiv- und Farbwahl durch die/den KünstlerIn (im Rahmen der lokalen Nutzungsbedingungen) (≠ Auftragsgestaltung: nicht zu verwechseln mit einer beauftragten Gestaltung, bei der das Motiv und das Farbschema durch den Auftraggeber vorgegeben wird)
- Die Nutzung erfolgt meist auf eigene Gefahr. Der Eigentümer einer Fläche übernimmt keine Haftung.
Innerhalb der Graffiti-Community existiert ein informeller Ehrenkodex. Dieser bezieht sich auf eine Reihe ungeschriebener Regeln und Verhaltensweisen, die in der internationalen Graffiti-Community weithin respektiert und befolgt werden. Obwohl es keine offizielle oder einheitliche Kodifizierung gibt, dienen diese Prinzipien dazu, die Integrität der Kunstform zu wahren, Konflikte zu minimieren und einen gewissen Respekt innerhalb der Gemeinschaft zu gewährleisten.
Nutzungsvarianten
Grundsätzlich gibt es drei Möglichkeiten der Nutzung durch Graffiti-KünstlerInnen
- freie, offene Nutzung (häufigste Variante): für die Nutzung ist keine Anmeldung oder Einholung einer schriftlichen Genehmigung notwendig. (z.B. Wienerwand in Wien) Die Flächen sind oft durch Infotafeln oder ein Leitsystem vor Ort gekennzeichnet, das im Zweifelsfall auf die Legalität hinweist. In vielen Fällen gelten hier regional unterschiedliche Nutzungsbedingungen oder Öffnungszeiten, die verpflichtend eingehalten werden müssen.
- mit Anmeldung, Registrierung, Genehmigung: für die Bemalung muss zusätzlich eine Anmeldung (z.B. bei der städtischen Verwaltung) erfolgen oder ein Vertrag abgeschlossen werden. (z.B. für die Nutzung bestimmter Wände in Innsbruck oder Salzburg – siehe Info in der Detailansicht auf den Karten) Eine zusätzliche, schriftliche Bestätigung kann ausgestellt werden, die z.B. auch nur für einen begrenzten Zeitraum gültig ist. Eventuell muss die/der KünstlerIn dem Eigentümer vorab ein Konzept oder eine Skizze übermitteln, die ihre/seine geplante künstlerische Gestaltung grob visualisiert. Die Nutzung durch nicht befugte KünstlerInnen ist nicht möglich.
- kuratierte / verwaltete Wände (z.B. durch eine/n KünstlerIn, Verein oder Projekt): eine Fläche wird von einer/m KünstlerIn, einem Verein oder Projekt verwaltet bzw. kuratiert, der/die andere KünstlerInnen einlädt eine Fläche alleine oder gemeinsam zu gestalten. (z.B. dürfen die Wände im Mural Harbor in Linz nicht frei besprüht werden) Der/Die KünstlerIn oder Verein, der/die die Fläche verwaltet, schließt meistens einen Nutzungsvertrag mit dem Eigentümer ab und erhält eine personalisierte, schriftliche Genehmigung. In manchen Fällen ist es für außenstehende KünstlerInnen auch möglich direkt bei der verwaltenden Person oder Projekt um Erlaubnis anzufragen. Auch hier muss die/der KünstlerIn eventuell vorab ein Konzept oder eine Skizze übermitteln, die ihre/seine geplante künstlerische Gestaltung grob visualisiert. Manchmal wird der/dem KünstlerIn auch das für die Umsetzung benötige Material zur Verfügung gestellt. Die Nutzung durch nicht befugte KünstlerInnen ist nicht möglich.
Achtung: Wenn du dir unsicher bist, um welche Variante es sich handelt, solltest du vor dem Sprühen unbedingt beim Eigentümer, der städtischen Verwaltung, o. ä. nachfragen, ob eine Wand frei besprüht werden darf oder ob eine Genehmigung benötigt wird.
Material
Grundsätzlich gilt: die Materialien werden von den KünstlerInnen selbst mitgebracht und danach wieder mitgenommen oder entsorgt. Die Eigentümer (z.B. Stadt Wien) übernehmen normalerweise keine Materialkosten und zahlen keine Honorare an die KünstlerInnen.
Empfohlene Materialien:
- Empfohlene Materialien sind Lack-Sprühdosen und Wandfarbe (z.B. mit Farbwalze oder Pinsel aufgetragene Dispersionsfarbe).
- Marker und Lackstifte sind in der Regel geeignet, solange sie mit Sprühdosen problemlos übermalt werden können.
- Hilfsmittel wie Schablonen oder Malerkrepp können selbstverständlich verwendet werden, solange sie nach dem Gebrauch wieder entfernt werden.
Nicht geeignete Materialien:
- Nicht geeignet sind Lacke und Farben, die die Mauer versiegeln bzw. abdichten. (z.B. Bitumenanstriche, Ölfarben oder Latexfarben), sowie Kreide bzw. Kreidespray.
- Marker auf Tintenbasis, bei denen die Tinte auch nach dem Übersprühen sichtbar bleibt sind nicht geeignet – insbesondere damit für die/den nachfolgende/n NutzerIn das Übermalen problemlos möglich ist.
- Von dreidimensionalen Installationen oder Interventionen die die Bausubstanz beeinträchtigen könnten ist aus Sicherheitsgründen jedoch abzusehen. (z.B. Fliesen, Nägel und Schrauben, Leinwände, Moos etc.).
- Auch Plakate sowie Sticker sind ebenfalls nicht geeignet, da sie oft nicht rückstandslos übermalt / entfernt werden können.
Übermalen und Crossing
Das Erscheinungsbild der Legal Walls befindet sich mit der fortlaufenden Bemalung in einem stetigen Wandel. Durch die räumliche Begrenzung der Flächen müssen zwangsläufg andere Werke übermalt werden. Der Bestand der Kunstwerke kann also nicht garantiert werden
- Gegenseitiger Respekt der KünstlerInnen untereinander und deren Werke ist jedoch Voraussetzung.
- Crossing vermeiden, Wände vor dem Besprühen grundieren: Werke von anderen KünsterInnen sollten vollständig übermalt werden (z.B. vorab Grundierung mit Wandfarbe oder vollständige Abdeckung des alten Werkes durch ein neues). Tags, kleinere Schablonen/Stencils oder Schriftzüge, die das darunterliegende Kunstwerk nur teilweise abdecken sollten vermieden werden. Nur partiell übermalte Werke (z.B. wenn ein Tag mittig in einem fremden Werk platziert wird) werden von den KünstlerInnen meist als respektlos erachtet und deshalb auch bevorzugt / schneller übermalt.
- Es ist ratsam die Wahl der Fläche an die eigenen Größenverhältnisse anzupassen; für Anfänger oder kleinere Arbeiten (z.B. mit Schablone/Stencil) eignen sich oft die etwas niedrigeren Bereiche der Wände.
- Bei Wänden die offen / frei genutzt werden können gilt allgemein: „Wer zuerst kommt, malt zuerst“. In der Regel gibt es bei offenen Wänden kein Anmeldesystem. Die KünstlerInnen wählen vor Ort einen passenden, freien Platz auf der Wand aus.
Welche Werke dürfen eher übermalt werden?
Je nach Auslastung der Wand bzw. je nachdem ob / wie viel Platz zur Auswahl steht:
- Alte oder verwitterte Werke: Ältere Werke (z.B. die bereits mehrere Wochen sichtbar sind – jedoch keine historischen Werke, die vielleicht schon mehrere Jahrzehnte bestehen) bzw. bereits gecrosste, beschädigte Werke (z.B. Crossing mit Tags, abbröckelnde Farbteile) sind bei der Übermalung eher zu bevorzugen.
- Tags und kleine Schriftzüge: Tags oder kleine, schneller ausgeführte Werke, werden in der Regel zuerst übermalt.
- Bunt über Silber: Mehrfarbige, bunte Werke haben üblicherweise Vorrang gegenüber einfärbigen Werken (z.B. Silber / Chrome)
- „Toy“ / Anfänger-Werke: Werke von unerfahrenen KünstlerInnen, die technisch nicht sauber oder ästhetisch nicht ansprechend sind, werden oft als „Toys“ (Spielzeug) bezeichnet und können in der Regel eher übermalt werden. Größere „Pieces“ (aufwendigere Werke) sollten eher bestehen bleiben.
- Nicht vollständig übermalte Werke: Wenn jemand ein Werk nur teilweise übermalt hat oder ein neues Werk das alte noch durchscheinen lässt.
- Diskriminierende oder beleidigende Inhalte bzw. kommerzielle/werbliche Inhalte: Diese sind auf legalen Wänden nicht erwünscht und können bzw. sollten priorisiert übermalt werden.
Welche Werke sollten eher nicht übermalt werden?
- Hochwertige, aufwendige Pieces: Wenn ein Werk sichtbar viel Zeit und Mühe gekostet hat, technisch versiert ist und eine hohe künstlerische Qualität aufweist, sollte man es respektieren und wenn möglich nicht übermalen. Oft werden solche Werke auch von anderen KünstlerInnen anerkannt und bleiben länger bestehen.
- Tribute-Pieces / Gedenkbilder: Werke, die einer/m verstorbenen KünstlerIn gewidmet sind (oft mit „R.I.P.“ gekennzeichnet), werden aus Respekt nicht übermalt. Das Übermalen eines solchen Werkes würde als respektlos angesehen werden. Es ist jedoch wichtig zu bedenken, dass solche Werke die Wand nicht für längere Zeit blockieren sollten. Ein dauerhaftes Tribute-Piece könnte die Dynamik der Legal Walls stören und anderen die Möglichkeit nehmen, die Fläche zu nutzen. Das Ziel sollte immer sein, die Erinnerung an die Person zu ehren, ohne dabei die kreative Freiheit anderer einzuschränken. Für Gedenkgraffiti, die auf Beständigkeit ausgelegt sind, bieten sich andere Orte an.
- Werke von bekannten KünstlerInnen: Innerhalb der Community gibt es anerkannte KünstlerInnen. Deren Werke zu übermalen, ohne selbst auf einem ähnlichen Niveau zu sein, kann als arrogant oder respektlos empfunden werden.
- Frisch gemalte Werke: Wenn ein Werk offensichtlich gerade erst entstanden ist, sollte man es für eine Weile bestehen lassen.
Tipp: Wenn du dir unsicher bist, beobachte, was andere machen, oder sprich gegebenenfalls mit anderen KünstlerInnen vor Ort
Motiv und Inhalt
Welche Inhalte sind erlaubt?
- Freie Gestaltung / Motiv- und Farbwahl durch die/den KünstlerIn (im Rahmen der lokalen Nutzungsbedingungen) (z.B. Schriftzüge, Character (Figuren), abstrakte künstlerische Gestaltung, etc.)
Welche Inhalte sind nicht erlaubt?
- Botschaften in jeder Form, die Personen oder Gruppen herabwürdigen oder beleidigen, Drohungen sowie verbotene Symbole haben selbstverständlich keinen Platz auf den Legal Walls
- Inhalte, die rassistisch, sexistisch, homophob, gewaltverherrlichend oder in irgendeiner Weise illegal sind, sind strengstens verboten. Die Legal Walls sind für künstlerischen Ausdruck gedacht, nicht für Hassbotschaften.
- Das Anbringen von Werbung oder kommerziellen Botschaften ist in der Regel nicht erlaubt, es sei denn, es wurde ausdrücklich genehmigt.
Respect the location
Respekt für die Umgebung: die künstlerische Betätigung ist nur auf der tatsächlich freigegebenen Fläche erwünscht; außerhalb gelten die üblichen gesetzlichen Bestimmungen.
- Angrenzende Objekte dürfen nicht besprüht oder bemalt werden. (z.B. der Boden vor der Fläche, Mülltonnen, Stromkästen, Verkehrszeichen, Bäume oder ähnliches). Die Nichteinhaltung dieser Regel kann auch zur Schließung einer Legal Wall führen.
- die KünstlerInnen verpfichten sich mitgebrachte Materialien wieder wegzuräumen oder zu entsorgen. Müllablagerungen im Bereich von Legal Walls können längerfristig sogar zur Schließung einer Fläche führen.
- abgebröckelte Farbschichten sollten in einer nahegelegen Mülltonne entsorgt und nicht vor der Wand liegen gelassen werden.
- Infotafeln (die z.B. darauf hinweisen, dass es sich um eine Legal Wall handelt) sollten logischerweise nicht übermalt werden. (Ausgenommen „Wienerwand“ Relieftafeln)
- Die Flächen sind großteils ganztägig frei zugänglich (ausgenommen z.B. Wände im Bereich von Ballspielplätzen, in Parks mit Schließzeiten oder auf Privatgrundstücken.) Geschlossene oder gesperrte Bereiche dürfen nicht eigenmächtig betreten werden.
Letztes Update: 19.08.2025
INFO: Grundlage für diese Anleitung bilden die von uns im Jahr 2020 ausgearbeiteten Nutzungsbedingungen für das Projekt Wienerwand.


