Graffiti-Trio soll zu „krimineller Vereinigung“ gehören
Wien – Kunst oder Kriminalität? Zwischen diesen beiden Polen schwankt die Diskussion um Graffiti seit Jahren. Für die Staatsanwaltschaft Wien ist die Antwort klar. Sie hat drei Sprayer angeklagt – aber nicht nur wegen Sachbeschädigung, sondern auch wegen der Mitgliedschaft in einer “ kriminellen Vereinigung“.
Anklagevertreter Michael Schmid erklärt Richterin Martina Frank, warum. Zwei sogenannte Crews namens „DQ“ und „Robocops“ sollen für insgesamt 300 Delikte im Großraum Wien zuständig sein – Wagons der ÖBB, der Wiener Linien und der Wiener Lokalbahnen wurden quasi neu lackiert. Den Angeklagten, zwischen 20 und 22 Jahre alt, können nur einige Dutzend zugeordnet werden, deren Schaden aber trotzdem zehntausende Euro beträgt.
„Wir wollten cool wirken“
Sein Hauptargument sind die „Tags“, die Künstlernamen der Sprayer. David C. nannte sich beispielsweise Atek, Picsl oder Picsel, Manuel S. benutzte Elvis, und Moriz H. verewigte sich als Retis.
Was die jungen Angeklagten nicht leugnen – aber sie seien es nur in einigen wenigen Fällen gewesen. Denn: Die Namen werden auch von anderen benutzt.
Genauer, von zwei Deutschen, die man in einem Geschäft für Spraydosen kennengelernt habe. Die beiden seien bei den deutschen „Crews“ dabei. Manuel S. erklärt dann, warum man die selben Tags verwendete: „Wir wollten cool wirken und von ihnen anerkannt werden.“ Das sei auch mit dem Einverständnis der beiden passiert. Denn würde man das ohne Erlaubnis machen, drohen im schlimmsten Fall sogar Gewalttätigkeiten, sagt David C., der wie H. einschlägig vorbestraft ist. Aber wirkliches Mitglied der Gruppen sei man nie gewesen.
Vergehen, keine Verbrechen
Der Vorwurf der kriminellen Vereinigung sei aber auch aus anderen Gründen nicht haltbar, meinen die Verteidiger. Erstens sei bei vielen Graffiti eben nicht bewiesen, von wem sie stammen. Und: Die einzelnen Schäden seien unter 3000 Euro und damit rechtlich gesehen bloße Vergehen. Für die kriminelle Vereinigung sei aber die Begehung von Verbrechen notwendig.
Warum man auf Graffiti auch andere Sprayer grüßt, erklärt das Trio übrigens so: Man wolle den Kollegen eine Freude machen, wenn sie den Zug sehen und wissen, dass an sie gedacht wurde.
Wegen fehlender Zeugen wird auf unbestimmte Zeit vertagt. (Michael Möseneder, DER STANDARD, 8.11.2012)
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