„Respektlos“: „Puber“-Schriftzug über der Arbeit des belgischen Street-Artist Roa in der Schadekgasse. – Foto: Karl Oberascher
Ein Sprayer hinterlässt seit Wochen sein Pseudonym „Puber“ auf Wiens Wänden und macht sich damit viele Feinde.
Die Zeiten, in denen man mit Graffiti noch einen handfesten Skandal auslösen konnte, scheinen längst vorbei zu sein. Mittlerweile stellen Städte und Gemeinde Flächen zur Verfügung, auf denen sich Sprüher austoben können. Ob Shepard Fairy, Banksy oder der Belgier Roa – alle haben sie schon ihre Spuren in Wien hinterlassen. Oft ganz legal. Durch die gewachsene Anerkennung von Street Art, haben auch Graffitis einen Image-Boost erfahren.
Spielregeln
Solange sich jeder an die neuen Spielregeln hält, ist alles gut: Keiner übermalt Werke des anderen – und bitte keine Schmierereien und politischen Sprüche an Hausmauern. Mit den frühen Ausprägungen des Graffiti hat das nicht mehr allzu viel gemein. Da ging es im New York der 1970er einmal darum „All City“ zu sein. Überall sollte der eigene Namenszug (Tag) des Sprayers in der Stadt zu sehen sein – egal wo.
Auf diese Wurzeln beruft sich ein zurzeit in Wien tätiger Sprayer. „Puber“ will einfach „seinen Namen überall sehen“, erzählte er 2010 dem Tagesanzeiger aus seiner Heimatstadt Zürich. Mehr Informationen über den Sprayer lassen sich nicht finden. Drei Jahre später hat er seine Zelte offenbar in Wien aufgeschlagen und stellt die Szene vor eine längst beantwortet geglaubte Frage: Sind Graffiti Vandalismus oder Kunst?
Vandalismus oder Kunst?
Neben Hauswänden hat er in Wien auch eine von der „Inoperable Gallery“ initiierte Arbeit von Roa in der Schadekgasse übermalt – viele würden wohl sagen „beschmiert“. Verständnis für diesen „New York Style“, wie er ihn in dem Interview mit dem Zürcher Tagesanzeiger bezeichnet hat, gibt es nicht. „Die Arbeiten von anderen zu übermalen, ist respektlos“, sagt ein Kenner der Graffiti-Szene im KURIER-Gespräch. Etwas, was Wien bisher noch nicht gewohnt war. Aber auch für andere Städte wie Berlin, wo es generell eine aggressivere Szene gibt, ist das Beschmieren von anderen Arbeiten eigentlich ein No-Go.
Dass „Puber“ vor einigen Wochen auch noch die Zeichnungen an einem Kindergarten im siebten Wiener Gemeindebezirk übermalt hat, rief schließlich sogar Bezirksvorsteher Thomas Blimlinger auf den Plan. „Das war in den letzten Wochen wirklich massiv“, sagt Blimlinger im KURIER-Gespräch. Von dem Schild mit dem freundlichen Hinweis, dass das Übermalen von Kinderzeichnungen „das Letzte“ sei, ließ sich Puber freilich nicht einschüchtern. Das zeigt auch die Antwort des Sprayers: Das Schild des Bezirkvorstehers wurde erneut mit einem Tag versehen. Blimlinger hat den Fall jedenfalls zur Polizei weitergetragen. Da habe aber noch keine Spur, um wem es sich bei dem Sprayer handelt.
Aggressiv
Dass mit dem Puber nicht gut Kirschenessen ist, musste kürzlich das heimische Magazin The Gap feststellen. Nach einem kritischen Artikel über „Puber“ beschmierte dieser über Nacht die Fassade des Büros im 4. Wiener Gemeindebezirk. Chefredakteur Stefan Niederwieser will sich davon nicht einschüchtern lassen. „Sein ‚Fuck Off‘-Geschmiere am Eingang zeigt, dass da jemand nicht mit einer freien Presse umgehen kann, die seine Aktivitäten auch kritisiert.“ Man wolle jetzt einmal die Kamerabilder auswerten. Vielleicht findet sich „Puber“ ja dort.
Auf die Frage im Zürcher Tagesanzeiger, ob er Respekt vor dem Eigentum anderer habe, sagt er: „Doch, schon. Wenn einer arme Leute abzockt oder einem Mädchen die Handtasche klaut, ist das für mich schon schlimm. Aber ich bin sicher, das kommt irgendwann einfach auf dich zurück. Ich glaube sehr an Karma und so. Wie eine Waage, die immer ausgeglichen ist. Sprayen hat definitiv keinen Einfluss auf die Waage.“ Man wird sehen.
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