Kreative Selbstironie versus Sachbeschädigung und Verschmutzung: zwei Seiten der Graffiti-Szene
Polizei und ÖBB ärgern sich über Wildwuchs an illegalen Graffitis. Die Schäden gehen in die 100.000 Euro. Jetzt soll mehr kontrolliert und abgestraft werden.
Wir haben einen Punkt erreicht, wo wir mit Aufklärung nicht weiterkommen. Jetzt werden wir anzeigen.“ Chefinspektor Anton Kumnig von der Polizeiinspektion Villacher Straße in Klagenfurt hat die Nase voll. Eine „massive Zunahme an Graffiti-Beschmierungen“ ist der Grund für seinen Ärger. Die Polizisten wollen die Glacéhandschuhe jetzt abstreifen – und sind nicht die Einzigen, die mit der farbenfrohen Sachbeschädigung ihr Leid haben.
Die letzten Wochen sind vor allem in den Bezirken Waidmannsdorf und St. Martin bei Lärmschutzwänden und Fußgängerüberführungen viele neue Graffitis aufgetaucht. Betroffen ist auch der Bereich um den Bahnhof Klagenfurt Lend. Die ÖBB sind sauer: „Wir zeigen jeden Fall an und haben einen hohen Aufklärungsgrad. Aber die Schäden, die durch die Sprayer entstehen, kosten uns allein in Kärnten jährlich mehrere hunderttausend Euro“, sagt Bahnpressesprecher Christoph Posch. Darunter fallen Reinigungskosten für Fahrzeuge, Lackierungen für Waggons und Erneuerung von Beschriftungen.
Sachbeschädigung
Um diese Kosten einzudämmen, haben die ÖBB mittlerweile private Wachdienste engagiert, die auf großen Abstellanlagen Sprayern das Handwerk legen sollen. „Es geht nicht nur um die Sachbeschädigung, die Sprayer begeben sich oft selbst in Gefahr, wenn sie auf Gleisanlagen herumlaufen. Das können wir nicht zulassen“, sagt Posch.
Um noch effizienter gegen die illegalen Graffitis vorzugehen, kooperieren die ÖBB seit geraumer Zeit mit der Polizei. Man hat eine Datenbank angelegt, in der die Sprühaktionen genau aufgezeichnet werden und mit anderen verglichen werden können. Posch: „Jeder Sprayer hat eine eigene Handschrift. Anhand dieser lassen sich die Verursacher leicht überführen.“
Die Polizei, die Sprayer dann in flagranti erwischt, hat bislang in Klagenfurt auf Dialog gesetzt. „Wir haben mit ihnen gesprochen und sie hingewiesen, dass sie etwas Verbotenes machten. Viele sagten uns dann, dass sie das nicht wussten“, sagt Anton Kumnig und spricht das Problem an, dass viele Flächen irrtümlich für legal gehalten werden.
Dass dann auch immer wieder private Mauern und Zaunsockel besprüht werden, erzürnt die Hausbesitzer und setzt die Polizei unter Druck. „Es besteht Handlungsbedarf auf unserer Seite“, sagt Kumnig. Er kündigt stärkere Kontrollen und Präsenz an, auch Zivilstreifen werden jetzt auf die Jagd nach illegalen Sprayern gehen.
Die Autobahnbrücke in der Tarviser Straße ist seit Jahren ein beliebtes Objekt für beeindruckende Graffiti-Kunst, die von der Stadt Klagenfurt stillschweigend geduldet wird. Die Pfeiler der Brücke werden in regelmäßigen Abständen neu besprayt. Weil aber auch eine Eisenbahnbrücke auf denselben Pfeilern ruht, gehört der Teil unter den Schienen den ÖBB – und die verbieten Graffitis grundsätzlich. Da keine sichtbare Abgrenzung besteht, wird aber die gesamte Fläche besprüht. In der Szene herrscht die Meinung, dass die gesamte Fläche unter den beiden Brücken legal besprüht werden kann. Skurril: rechts sprüht man legal, links wird man ausnahmslos von den ÖBB angezeigt.
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