Warum Graffiti-Kunst nie ganz (l)egal werden kann
Ein vorsichtiges Klacken. Ganz kurz nur hört man es durch die dunkle Stadt hallen. Im Straßenlaternenlicht ist eine Gestalt zu sehen, die Kapuze über den Kopf gezogen, den Blick abwechselnd nach links, rechts und wieder zur Wand gerichtet. Immer wieder schüttelt Martin die Flasche für die ideale Konsistenz des Lacks, der die weiße Wand vor ihm gleich einfärben wird. Danach ein Zischen, ganz leise und behutsam. Um scharfe Linien geht es heute nicht, auch nicht um Genauigkeit, nur darum, nicht erwischt zu werden, das Zischen nicht zu laut entfleuchen zu lassen. Die Möglichkeit, sich am Ende vor der Exekutive verantworten zu müssen, gehört genauso zu seiner Kunst, wie das Piece – also das Kunstwerk selbst – und alles, was er mit ihm ausdrücken kann. Seit 20 Jahren hält Martin regelmäßig eine Sprühdose in der Hand. Tagsüber ist er im Bildungsbereich tätig, mehr darf nicht verraten werden. Das Leben von und mit dem Illegalen hat seinen Preis. „Man opfert seine Freizeit, sein Geld und seine Motivation für eine illegale Aktivität, für die man eigentlich nichts zurückbekommt“, sagt der Künstler auf die Frage nach der Faszination.
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Das erfolgreichste Projekt für legale Graffiti bietet die Wiener Wand, ein Projekt, dass Künstlern aus der Szene Flächen bietet. Wo gesprüht werden darf, wird durch die „Wiener Taube“ gekennzeichnet. Laut Wogrin ist Wien durch die Initiative führend, wenn es um die Bereitstellung von Fläche geht. „Manche Städte begegnen Graffiti oft mit rigorosen Verboten oder einer Null-Toleranz-Politik. Am Beispiel Wien hat sich gezeigt, dass es sinnvoller ist Graffiti an geeigneten Orten zuzulassen.“
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Legal ist nicht egal
In Wien gäbe es außerdem Wände, die ohne Kennzeichnung der Taube wie legale Wände behandelt werden. Eine Umwandlung, der ohnehin laufend bemalten Wände in „Wiener Wände“ wäre laut dem Spraycity-Gründer sinnvoll. „Die „Wienerwand“ könne außerdem viel öfter auch zur Zwischennutzung eingesetzt werden – etwa auf Bauzäunen, beispielsweise bei der aktuellen Baustelle der U5. Auch Abbruchhäuser oder Gebiete, wie der Nordwestbahnhof würden sich hierfür eignen. „Hier bräuchte es wahrscheinlich aber ein unbürokratisches Verfahren.“(…)
Category Archives: Wiener Zeitung
Die US-Soziologin Margarethe Kusenbach spricht darüber, wie Graffiti und Straßenkunst urbane Räume verändern
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Künstler stellen in Galerien aus, Street Artists besprühen Straßenwände, Tätowierer stechen in Haut. So war das noch bis vor ein paar Wochen. Seit das soziale Leben auf ein Minimum heruntergefahren ist, befindet sich auch die Kunstszene im Homeoffice.
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Das Wien Museum öffnet vor dem Umbau Streetart-Künstlern und Skateboardern seine Türen.
In den leeren Räumen des Wien Museums am Karlsplatz spielt sich gerade etwas ab, das hat es so noch nie gegeben. „Take Over“ heißt das neue Programm des Museums – es ist eine Art Abrissparty. Die Graffiti- und Streetart-Künstler haben das Wien Museum übernommen. Bevor im Herbst umgebaut wird, können österreichische Streetart-Kreative im ganzen Haus zeigen, was sie können.
Aber nicht nur die Künstler dürfen sich auf knapp 2000 Quadratmetern austoben. Für die Skateboarder des Landes wurde im Erdgeschoß eine eigene „Skate Area“ eingerichtet. Sie wurde von den Designern Spoff Parks aus alter Ausstellungsarchitektur gebastelt. Nicht bloß das ist unkonventionell: Unter dem Motto „Do it yourself“ findet von Juli bis September eine Reihe von Workshops statt. Als Streetart-Laie kann man sich auf Leinwänden an der Außenfläche im Rahmen einer „DIY“-Zone künstlerisch ausleben. Direkt neben dem Eingang des Museums hängt eine riesige Arbeit von den Streetart-Künstlern Frau Isa und Nychos. Es stellt eine Frau im klassischen Frau-Isa-Stil dar, die von Nychos dekonstruiert wird.
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Graffiti-Künstler werden sogar von Wiener Behörden zum Einsatz gebeten.
Wien. Paul Hoffman trägt eine Atemmaske und gegen den Wind eine Haube. So steht der 30-Jährige auf der Leiter, die Sprühdose in der Hand. Tröpfchen fliegen wie Nebel durch die Luft, als er beginnt, auf der 140 Meter langen Wand an der Linken Wienzeile „U4“ aufzusprühen.
Wien ist eine graffitifreundliche Stadt. So haben sich auch die Wiener Linien für die unkonventionelle Kunstmethode entschieden und die Künstler der Concrete Graffiti Agency damit beauftragt, das weiße Trapezblech zu verschönern, das während der Bauarbeiten an der Haltestelle Pilgramgasse für mehrere Jahre als Absperrung dienen wird.
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Am Samstag kann man sich in der Galerie „Die Schöne“ Street Art tätowieren lassen.
Wien. (vasa) Schmiererei oder Kunstform. Geht es um Graffiti und Tags im Straßenbild, so bilden sich schnell die beiden gegensätzlichen Positionen, die seit jeher unversöhnlich einander gegenüber stehen.Für reichlich Gesprächsstoff sorgte vor drei Jahren etwa der Sprayer Puber. Weite Teile der Stadt wurden mit seinen gleichnamigen Schriftzügen überzogen.
Doch abseits von Skandalen und Sachbeschädigung findet Graffiti immer häufiger auch seinen Platz in Galerien. Unter dem Titel „Für immer“ präsentieren am Samstag 13 Sprayer ihre Werke in der Galerie „Die Schöne“. Im Rahmen der Ausstellung besteht die Möglichkeit sich die Motive auch tätowieren zu lassen. Yotto Bano, der als Künstler „Monsterzeit“ auftritt, erklärt: „Urban Art ist normalerweise eine flüchtige Kunst im öffentlichen Raum.
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Zwei Künstlerinnen fertigen aus Graffitiwänden Schmuck an – Geschenke der besonderen Art.
Wien. Wenn Cornelia Voglmayr vom Wiener Schiefer spricht, dann meint sie abgebröckelte Farbschichten von Graffitiwänden, aus denen sie Ketten, Ringe, Ohrringe, Armbänder und Manschettenknöpfe fertigt. „Es ist ein Stück konservierter Jugendkultur, die die Kreativität der Stadt und die Zeit, ähnlich wie bei Baumringen, festhält. Ich finde das Material deshalb so besonders, weil jede Farbschicht eine Geschichte erzählt. Wie ein Wiener Schiefer. Es ist ein Material, das in der Stadt gewachsen“, sagt sie.
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Beim heutigen „Battle-Jam“ messen sich erstmals die besten sechs Teams Österreichs im Graffiti-Sprühen.
In Wien gibt es mehr legale Flächen für Graffiti-Künstler als in anderen Metropolen. 13 sind es an der Zahl.
Wien. In Sachen Graffiti ist Wien ein hartes Pflaster. Vor allem in den vergangenen Jahren hatten es die Straßenkünstler auf Grund der Prominenz eines gewissen „Puber“ nicht leicht. Keine Häuserwand blieb von seinem Namen verschont.
„Es gab eine sehr schlechte mediale Berichterstattung über Graffiti, auch wegen Puber. Außerdem haben die ÖBB, die Wiener Linien und die Polizei gezielt gegen Sprayer medial Stimmung gemacht“, erklären Paul Hoffmann und Thomas Jöchtl: „Viele Menschen assoziieren Graffiti nur mit Schmierereien auf ihrer Hauswand. Das muss man aber differenziert sehen, weil es findet auch auf legalen Wänden statt.“ Die beiden jungen Männern sind Teil der Szene und sie wolllen das Image der Sprayer verbessern. Aus diesem Grund laden sie diesen Samstag zum „Battle Jam – Austrian Graffiti Competition“. Dabei treten die sechs bekanntesten Teams Österreichs im Sprühen gegeneinander an. Die Gewinner werden von einer Jury ermittelt, ihnen winkt der Pokal für die „Graffiti Crew of the Year“. Schauplatz der bunten Graffitis: DasWerk am Donaukanal. In einer „Chill Out Area“ können die Besucher live dabei mitfiebern, wie die Schriftzüge entstehen.
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Vor zwei Jahren wurde der Sprayer Renato S. wegen seiner Puber-Tags zu 14 Monaten Haft verurteilt. Heute werden seine Werke in der HO Gallery ausgestellt.
Wien. Schmiererei oder Kunstform. Geht es um Graffiti und Tags im Straßenbild, so bilden sich schnell die beiden gegensätzlichen Positionen, die seit jeher unversöhnlich einander gegenüber stehen. Vor zwei Jahren sorgte bei diesem Thema der Sprayer Puber für reichlich Diskussionsstoff. Mit seinem gleichnamigen rasch gezogene Schriftzügen überzog er weite Teile der Stadt. Hausfassaden, Geschäftslokale, Straßenbahnen und Kinderspielplätze. In einigen Grätzeln gab es scheinbar kein Objekt, auf dem nicht „Puber“ stand.
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Eine Gruppe junger Frauen bringt feministische Themen durch Straßenkunst in den öffentlichen Raum.
Wien. Es ist ein regnerischer Morgen. Im Hof des Alten AKH in Wien wird ein kleiner Plastikpavillon aufgebaut. Unter der dünnen Plastikplane steht Natalie Sandner. Sie schüttelt eine Dose mit Sprühaufsatz, man hört das charakteristische Knacken, dann ein Zischen.
„Riecht schon gut“, sagt Natalie Sandner lächelnd, während sie die rote Farbe aus der Spraydose entweichen lässt und der stechende Geruch sich in die Luft legt. Die 26-jährige Studentin ist Mitglied des Feministischen Street Art Kollektivs Wien. Sandner versieht heute Schallplatten mit politischen Slogans. „Feminist Killjoy“, übersetzt „feministische Spaßverderberin“ lautet der lakonische Spruch auf einer Platte, „Riot“ steht auf einer anderen. Das Feministische Street Art Kollektiv Wien besteht seit August vergangenen Jahres, Natalie Sandner ist seit Anfang 2015 dabei.
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