Bild: (c) Clemens Fabry
Ende April wurde ein Sprayer so stark verletzt, dass er ins Koma versetzt werden musste. Laut Wiener Linien sei er unglücklich gestürzt. Sein Begleiter erzählt nun eine andere Version.
Wien. Was ist in der Nacht auf den 24.April am Hütteldorfer Bahnhof passiert? Hat ein Wiener-Linien-Mitarbeiter einen Graffitisprayer so schwer verletzt, dass dieser ins künstliche Koma versetzt werden musste? Oder war es ein Unfall, und der junge Mann fiel auf die Gleise und schlug sich ein Loch in den Schädel? Damit beschäftigen sich derzeit die Polizei und demnächst auch die Gerichte.
Denn der junge Mann konnte vor seinem Zusammenbruch noch eine Aussage machen: Ein Wiener-Linien-Mitarbeiter hätte mit Steinen auf ihn geworfen. Seither weiß man nicht mehr. Der 28-jährige David A. kollabierte im Wachzimmer der Polizei und wurde in künstlichen Tiefschlaf versetzt. Er hat einen Schädelbasisbruch, einen doppelten Jochbeinbruch und infolgedessen eine Gehirnblutung. Er befindet sich laut Aussage seines Anwalts im Aufwachen, vernehmungsfähig ist er nicht.
Dabei gibt es noch jemanden, der die Geschichte erzählen kann. Denn David A. war nicht allein unterwegs. Sein Freund Peter Moser (Name geändert) begleitete A. an diesem Abend. Der junge Mann wirkt beim Gespräch nervös, die Geschichte, sagt er, habe ihm heftig zugesetzt. Angst und die Tatsache, dass er sich nicht bei der Polizei gemeldet hat, belasten ihn. Aber er hat seine Gründe. Peter M. hat Vorstrafen, wenn er sich bei der Polizei melde, sagt er, „gehe ich sicher in den Häfen“. Nachsatz: „Das hilft mir nichts, und das hilft David nichts, wenn er wieder aufwacht.“
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Category Archives: Die Presse
Der Schweizer, der in Wien unter dem Namen „Puber“ als Graffiti-Sprayer aktiv gewesen soll, bleibt in Untersuchungshaft. Das Wiener Landesgericht lehnte einen Antrag auf Fußfesseln ab.
Der Sprayer „Puber“ bleibt in Untersuchungshaft. Das teilte sein Verteidiger Roland Friis am Mittwoch mit. Das Wiener Landesgericht lehnte am Freitag den Antrag von Friis auf Fußfesseln für den gebürtigen Schweizer ab. Als Begründung wurden laut Friis die Vorstrafen des Graffiti-Künstlers in seiner Heimat genannt.
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Graffiti. Sprayer „Puber“ sitzt unter anderem wegen eines grafologischen Gutachtens in U-Haft – dabei will sich der Gutachter gar nicht festlegen.
Wien. Seit 9. März sitzt der Schweizer Graffiti-Sprayer Renato S. in U-Haft. Der 29-Jährige, der unter dem Tag (Signaturkürzel) „Puber“ bekannt ist, wird für ganze Serien von Spray-Aktionen verantwortlich gemacht. Die Staatsanwaltschaft legt ihm schwere Sachbeschädigung zur Last. Die U-Haft (Grund: Wiederholungsgefahr) basiert unter anderem auf einem grafologischen Gutachten. Dieses ist allerdings betont vorsichtig formuliert und spricht in etlichen Fällen gar davon, dass es „nicht entscheidbar“ („non liquet“) sei, ob bestimmte Tags von S. stammen.
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Obwohl ein Gutachten dem Verdächtigen fast 100 Sachbeschädigungen zuordnet, beteuert der Schweizer weiter seine Schuldlosigkeit.
Das Wiener Landesgericht für Strafsachen hat am Montagnachmittag die U-Haft über den Mann, der als Graffiti-Sprayer „Puber“ aktuv gewesen sein soll, um vier Wochen verlängert. Der Haftgrund Tatbegehungsgefahr bleibe weiter aufrecht, teilte eine Gerichtssprecherin mit.
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Bereits vor fast 200 Jahren – lange vor Graffiti-Sprayer „Puber“ – sorgte der Namenskritzler Joseph Kyselak für öffentliches Aufsehen.
„Wer hat ihn nicht gekannt, den sonderbaren Kauz, der alle Felsenwände für Stammbuchblätter hielt, und seinen Namen darauf schrieb, und wären die Felsen so hoch und steil gewesen wie drei Stephanstürme aufeinandergestellt“, schrieb 1855 das „Wiener Conversationsblatt“. Gemeint war Joseph Kyselak (1799-1831), ein kleiner Hofkammerbeamter der k.u.k.-Monarchie, der heute als Vorläufer des modernen Sprayers gilt.
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„Puber“ war seit geraumer Zeit vor allem in den Wiener Innenstadtbezirken aktiv. Am Donnerstag wurde ein Verdächtiger verhaftet.
Die Wiener Polizei hat angeblich jenen Graffiti-Sprayer verhaftet, der in Wien seit geraumer Zeit unter dem Pseudonym „Puber“ aktiv war. Die Polizei bestätigt gegenüber der „Presse“ einen entsprechenden Bericht des „Vice“-Magazin. Der Verdächtige wurde am Donnerstag um 10:30 Uhr im 15. Bezirk in seiner Wohnung festgenommen, nachdem die Polizei einem anonymen Hinweis nachgegangen war. Bei dem Festgenommenen handelt es sich um einen 30 Jahre alten Schweizer Staatsbürger.
„Puber“ sorgte vor allem in den Innenstadbezirken für Aufregung, wo er seinen Schriftzug auf Türen, Fenstern und Hausmauern hinterließ. Er machte sich auch in der Szene keine Freunde, als er etwa vor ein paar Monaten das Street-Art-Kunstwerk des bekannten belgischen Künstlers Roa in der Schadekgasse besprühte.
Als das Wiener Magazin „The Gap“ sich kritisch über ihn äußerte, wurde prompt das Büro beschmiert. Auch der Bezirksvorsteher von Neubau, Thomas Blimlinger, musste einen Schriftzug des Sprayers von seinem Namensschild entfernen. Er hatte „Puber“ davor öffentlich ausrichten lassen, dass das Überschmieren von Kinderzeichnungen wirklich „das Letzte“ sei.
Quelle: diepresse.com
„Bevor Sie mich als kleinkarierten Raunzer, Wutbürger oder zwanghaften Ordnungsfanatiker abtun, sollten Sie vielleicht die folgenden Sätze lesen:
KURT SCHOLZ (Die Presse)
Viele werden verstehen, dass ich es nicht über mich bringe, Sie mit „Sehr geehrter“ oder gar als „Herr“ anzusprechen. Selbst wenn Sie männlichen Geschlechts sind – „Herr“ sind Sie für mich keiner. Meine Ablehnung Ihrer Person kann Sie nicht überraschen. Sie haben nämlich die frisch gestrichene Eingangstür des Hauses, in dem ich wohne, besprüht.
Damit beginnt wieder einmal der Kreislauf, an den ich mich seit Jahren nicht gewöhnen will: Die Hausverwaltung lässt das Tor reinigen und neu streichen. Dann wird, wie beim letzten Mal, keine Woche vergehen, bis alles wieder besprayt ist. Keine Botschaft, keinen Protest, keinen Notruf wird man lesen, nur einen sinnlosen Namenszug. Und wieder werden alle Mieterinnen und Mieter des Hauses die Kosten für die Entfernung Ihrer infantilen Schmierereien bezahlen. Nach dem Neuanstrich kann das Spiel von vorn beginnen.
Bevor Sie mich jetzt als kleinkarierten Raunzer, Wutbürger oder zwanghaften Ordnungsfanatiker abtun, sollten Sie vielleicht die folgenden Sätze lesen: Ich kenne die Geschichte der Muralisten ein wenig und könnte Ihnen manches über Siqueiros, Orozco und Diego Rivera erzählen. Die hatten eine gesellschaftliche und künstlerische Botschaft. Politisch waren sie problematisch – ihre Aktivitäten reichten bis zur Unterstützung des Attentats auf Trotzki, künstlerisch aber unbestritten.
Ich habe auch den Kampf von Harald Naegeli, besser bekannt als „der Sprayer von Zürich“, gegen die Monotonie der Städte originell gefunden, und irgendwo unter meinen Büchern befindet sich auch ein Kunstband über Street Art. Schon vor Jahrzehnten habe ich damit begonnen, zwischen Kalifornien, der Bronx, England, Athen und dem Wiener Donaukanal herrliche Graffiti, die ich dort gefunden habe, zu fotografieren. Es sind Kunstwerke darunter.
Sie aber sind kein Künstler. Wo andere dramatische Szenen, Porträts, abstrakte Formen auf Feuermauern zaubern, sprayen Sie infantil immer denselben Namenszug auf Garagentore, Eingangstüren, Geschäftsportale und Fassaden. Allein auf einem Nachbarhaus steht sechs Mal Ihr „puber“. Das „-tär“ haben Sie hinzuzufügen vergessen, falls Sie wissen, was ich meine. Sie wandern durch die Bezirke, aber Sie sind kein Kyselak.
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(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 14.01.2014)“
Quelle: diepresse.com
„Die Zahl der Graffiti sorgt seit gut einem Jahr für Ärger in Wien. Vor allem die Bewohner rund um den siebten Bezirk sind betroffen. Auslöser für den Anstieg dürfte ein Schweizer Sprayer sein, für den sich auch die Polizei interessiert. Einige Unternehmer rüsten ihre Häuser nun mit Spezialfarbe.
Sie kamen in der Nacht, und im Nachhinein wird niemand etwas Verdächtiges gesehen haben. Klar, ein paar Menschen sind vorbeigegangen, aber Spraydosen in der Hand? Nein. Da hätte man ja etwas gesagt. Aber der Schaden ist unübersehbar. Ein krakeliger Schriftzug in Schwarz prangt auf der weißen Hauswand. Kein Kunstwerk, ein Name, eine Markierung, ein „Tag“. So als wollte jemand sagen: Das hier ist mein Revier.
Wien hat ein Problem mit Graffiti-Sprayern. Besonders in den jungen, angesagten Bezirken, dort, wo Kunst und Kreativität besonders geliebt werden, reiht sich Geschmiere an Geschmiere.
Wer im siebten Bezirk rund um die Burggasse wandert, wird kaum eine Hausmauer finden, die davon ausgenommen ist. „Ehre“ und „Scheiß EM“, steht auf Wänden und Türen geschrieben. Ein Anarchiezeichen ist anderorts zu sehen, ein englisches „You“, ein „Must“, ein „Prost“ – alles lieblos hingesprayt, so wie diese Grusel–Barbapapas ein paar Straßen weiter, die Eltern daran erinnern, dass ihr Kind in der Schule zeichnen lernen sollte.
Dementsprechend verärgert sind viele Bewohner des Siebten. Allen voran die Unternehmer. „Es ist ein Wahnsinn“, sagt Wolfgang Huber, Geschäftsführer vom Metall- und Werkzeuggeschäft Petzolt, das auch mit ein paar Schriftzügen auf der Mauer aufwarten kann. Neu streichen will Huber sein Geschäft schon längst nicht mehr lassen. „Das ist in zwei bis drei Tagen wieder voll.“ Er zeigt auf die beschmierte Garage gegenüber. „Die ist eben neu gemacht worden.“
Krank und frustriert. Auch im Geschäft nebenan ist man frustriert. „Wir sehen aus wie ein Abbruchhaus“, sagt der Besitzer des Bonbonladens Lollipop. Fünf- bis sechsmal hat die Hausverwaltung die Außenmauer streichen lassen. Mittlerweile ist wieder ein „Tag“ darauf zu sehen. Wer die Leute sind? Er kann es nicht sagen. „Irgendeine Frustration und Krankheit müssen sie schon haben“, knurrt der Mann.
Einig ist man sich, dass die Zahl der Graffiti in den vergangenen Jahren zugenommen hat. „Seit zwei, drei Jahren werden es mehr“, sagt Huber. Auch die, die mit der Graffiti-Szene gut vernetzt sind, sprechen von einer Zunahme. Allerdings nicht nur im Siebten, sondern in ganz Wien. Zuletzt soll es etwa im achten und im 16. Bezirk mehr Vorfälle gegeben haben. Als Grund und Auslöser wird dabei immer wieder ein Name genannt. Puber.
Ein Sprayer – angeblich aus der Schweiz – der vor allem im vergangenen Jahr fast im zwänglerischen Ausmaß Türen, Fenster, Hausmauern – einfach alles – mit seinem Namen besprüht hat. Das hätte auch andere angestachelt. „Die befinden sich nun mit ihm im Wettkampf. Wer hinterlässt mehr Tags (Zeichen) an mehr Orten?“, sagt ein Mann, der die Szene gut kennt.
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(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 19.01.2014)“
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„Graffiti, Kanaldeckel, Schilderwald: Wiens ÖVP-Chef Manfred Juraczka möchte per Foto erfahren, was in Wien geändert gehört. Die „besten Aufreger“ sollen dann auf der Website veröffentlicht werden.“
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Finger statt Spraydose und Licht statt Lack: Eine App aus Wien ermöglicht legale Graffitis. Spannend, wenn mehrere Nutzer mit ihren iPads beteiligt sind. Mit Animationen lassen sich sogar Geschichten erzählen.
Rio de Janeiro bei Nacht. Nur ein Gebäude strahlt in bunten Farben und Formen aus dem dunkelgrauen Großstadtdschungel hervor. Die Formen bewegen sich, es sind Gestalten zu erkennen. Die Entwickler der App Tagtool betonen gern den künstlerischen Aspekt ihrer „Lichtmalerei“. Auf dem iPad dienen in der Anwendung Finger als Pinsel, mit dem von einfachen Ornamenten bis hin zu animierten Comicfiguren nahezu alles umgesetzt werden kann. Um Figuren oder Formen in Bewegung zu versetzen, muss man in diesem Fall kein Profi sein. Das Objekt wird einfach mit zwei Fingern gepackt und bewegt, während die Aufnahme läuft. Das Ergebnis wird über einen Projektor an eine Wand oder ein ganzes Gebäude geworfen – auf Wunsch sogar in Echtzeit während der Entstehung. So lassen sich an Wänden ganze Geschichten erzählen, völlig ohne Spraydose und Lack.
Gemeinsam Figuren animieren. Spannend wird Tagtool, wenn mehrere Nutzer mit ihren iPads beteiligt sind. Die Geräte lassen sich per WLAN verbinden, und dann kann jeder Teilnehmer gleichzeitig in das Geschehen der in Echtzeit projizierten Malerei oder Animation eingreifen. Figuren können so in einen spontanen Dialog treten oder die Gedankenwelt des einen Nutzers von dem anderen weitergesponnen werden. Angefangen hat Tagtool als Softwareprojekt mit Bastelanleitung. Nach etlichen Auszeichnungen und Förderungen wurde daraus eine nutzerfreundliche App. Hinter Tagtool steckt die Wiener Produktionsfirma Omai, die sich auf digitale Malerei spezialisiert hat. Gegründet wurde die Firma von Markus Dorninger, der mit seinem Team seit 2006 Projekte in mehr als 30 Ländern umgesetzt hat. „Wir machen Performances bei Events, Guerilla-Actions im öffentlichen Raum, Theateraufführungen, Party-Visuals und Workshops“, fasst Dorninger zusammen. Die Gestaltung werde dabei meistens spontan entwickelt, erklärt der Künstler. In Wien wurden unter anderem bereits das Konzerthaus, die Sezession und die Peterskirche bestrahlt. Tagtool-Kunst beschränkt sich aber nicht auf Projektionen an Häusern. Verbindet man mehrere iPads, könnten zum Beispiel Schauspieler in die Rolle digitaler Puppen schlüpfen und so eine Art spontanen Trickfilm entstehen lassen. Selbst daheim wäre ein solches digitales Puppentheater leicht umsetzbar, indem man Tagtool mit dem Fernseher verbindet.
(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 10.02.2013)
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