Graffiti-Vandalen waren vermutlich am Wochenendein Andritz am Werk: Die Unbekannten besprühten in der Kettengasse eine Hausmauer mit blauer Farbe. Es entstand 4000 Euro Schaden.
Die Polizei bittet um Hinweise: 59 133/65 81-100.
Kronen Zeitung, 27.02.2013
68 Seiten
– DB N-Wagen (Stahler) | DB Doppelstock | S-Bahnen | Privatbahnen | U-Bahnen | Wände | Belgien: SNCB | Frankreich: SNCF | Portugal: CP | Österreich: ÖBB | Italien: FS
– Knowledge is King: DB-Baureihe 425 (Quitschie/Neige)
– Je oller, je doller: EPSC-Crew
– Ragazzo di strada: Senil85
– Writerspecial: Hope OH/OJAYS
– Aus dem Leben an der Seite eines Schmierfinks
inkl einem doppelseitigem POSTER in DIN A3
Die Preview und weitere Infos gibt es hier.
Kärntner Tisch
Graffiti zu sprayen erfreut sich bei der Jugend steigender Beliebtheit: Die Delikte mehren sich. Die KTZ brachte Befürworter und Gegner an einen Tisch.
Diskutiert haben Chefinspektor Anton Kumnig, der Klagenfurter Jugendstadtrat Gerhard Reinisch, ÖBB-Sprecher Christoph Posch, Peter Kosjek als Vertreter der Klagenfurter Stadtplanung sowie David Maier und Stefan Pschernig von der Urban Art Gallery ArtLane in Klagenfurt.
In Klagenfurt hat sich die Zahl der illegalen Wandmalereien zuletzt so vermehrt, dass die Polizei Zivilstreifen einsetzte. Doch wie geht man mit dem Thema um -und was bedeuten die Bilder eigentlich? Hier die Antworten.
Wie ist die Situation in der Landeshauptstadt?
Stadtrat Gerhard Reinisch: Es gibt eine immer größer werdende Graffitisprayer-Szene, bei der man teilweise von Kunst sprechen kann. Es gibt aber auch statistische Ausreißer, die durch Beschmierungen auffallen wollen und großen Sachschaden anrichten. Unser Ziel ist es, den Sprayern Standorte zu geben, wo sie ungehindert sprayen können. Einen Ort kann ich bereits nennen: die Megapoint-Halle am Klagenfurter Messegelände. Ab Frühlingsbeginn steht eine Seite zurVerfügung, die 25 Meter lang und 2,80 Meter hoch ist. Das ist ein Entgegenkommen der PosterService GmbH der Stadtwerke. Damit haben wir endlich eine legale Fläche. Wir sind immer auf der Suche nach weiteren Objekten, aber es ist sehr schwer, weil viele Eigentümer das nicht wollen.
Die ÖBB kämpfen ständig gegen besprühte Waggons.
Christoph Posch: Die Situation ist für uns schlimm. Wir werten nicht, ob Kunst oder nicht; für uns ist jede Sprühaktion eine Sachbeschädigung. Wenn ein Fahrzeug besprayt wird, kommen Kosten von 10.000 bis 15.000 Euro zusammen. Jeder Waggon muss gereinigt, teilweise der Lack erneuert werden. Dieses Problem betrifft alle Bahnen in Europa, und alle haben dieselbe Haltung: Wir dulden keine Sprühaktionen und bringen jede zur Anzeige. Früher haben wir dafür Flächen freigegeben -Unterführungen, abgelegene Mauern. Der Erfolg: Alle anderen Flächen waren besprüht, nur nicht die freigegebenen. Das Attraktive für Sprayer ist es, einen Nervenkitzel zu haben. Wenn jemand eine Brücke oder den inneren Teil einer Lärmschutzwand besprüht, dann ist das eine sehr dumme und sehr gefährliche Aktion. Daher bringen wir jeden Fall zur Anzeige.
Wer macht das?
Posch: Ein Jugendphänomen bestätige ich nicht. Es haben sich auch schon andere Altersgruppen hervorgetan, es zieht sich durch alle Gesellschaftsstrukturen. In Kärnten wurden im Vorjahr 117 Fahrzeuge besprüht -bei einem Stand von fast 140 Fahrzeugen. Fast jedes wurde einmal besprüht. Uns entstand ein Schaden von circa 100.000 Euro, 2012 waren es österreichweit 1,2 Millionen Euro -nur die Reinigung. Da kommt Weiteres dazu. Und diese Delikte steigen leicht an.
Wenn die Scheiben frei bleiben: Ist es nicht egal?
Posch: Was würden Sie sagen, wenn die Außenmauern der KTZ-Redaktion besprüht werden?
Käme darauf an, was dort stehen würde.
Posch: Wir wollen eine saubere und attraktive Mobilität für die Passagiere. Da gehören saubere Züge dazu – innen und außen.
Was ist die Motivation der Sprayer?
David Maier: Unterschiedlich. Für manche ist es sicher Nervenkitzel, andere werden andere Antriebsgründe haben. Für die meisten ist es aber sicher nicht so, dass sie eine Sachbeschädigung begehen wollen. Es geht um die Verbreitung eines Namens und auch den Reiz, einen Zug zu besprühen, der zwischen Städten hin und her fährt. Im NewYork der 70er-Jahre sprühte man auf Züge, die durch die Stadt rollten. Der, dessen Name darauf stand, war für andere ein Held.
Stefan Pschernig: Es ist ein Kommunikationsmedium egal ob es ein Zug ist oder eine Wand. Man will sich austauschen, Bedürfnisse, Interessen, Mitteilungen, eigene Spuren hinterlassen.
Aber diese Codes versteht doch niemand.
Pschernig: Es soll auch keiner erkennen. Aber in dieser Community wird es verstanden.
Was wird vermittelt? Etwa: Ich war hier?
Pschernig: Auch. Oder Ängste, Informationen, Gemütszustände. Aber nicht nur wenn man schlecht drauf ist, auch wenn es einem gut geht.
Ich besprühe einen ÖBB-Waggon, um den ÖBB mitzuteilen, dass ich Freude fühle?
Maier: Da geht’s auch um szeneinterne Dinge -nach außen vermitteln, dass man präsent ist. Je aufwendiger und kunstvoller, desto besser. Ich sprühe keine Züge an, aber so kann ich es mir vorstellen. Der einzige Weg, den ich mir vorstellen kann, wäre, dass man als Stadt offen ist. Sanktionen könnten dazu führen, dass weitere Aktionen provoziert werden. Für Klagenfurt mag es neu sein, aber das Phänomen gibt es seit Jahrtausenden, etwa Höhlenmalerei. Es ist im Menschen verankert.
Posch: Aus unserer Sicht gibt es nur Verlierer. Der Sprayer gewinnt kurzzeitig, aber wenn er erwischt wird, ist er der große Loser. Und: Der Sprayer muss sich klar sein, dass der Zug mit 130 km/h vorbeifährt. Das kann dann die letzte Sprühaktion gewesen sein. Wenn ein Zug bis zum Dach besprüht wird, kann es passieren, dass der Sprayer in Kontakt mit der Oberleitung kommt. Auch das wäre die letzte Aktion. Wir sehen das auch als große Gefahr für den Sprayer.
Wie hat sich die Gangart der Polizei geändert?
Chefinspektor Anton Kumnig: Nicht die Gangart, die Voraussetzungen haben sich geändert. Früher war es gängige Meinung, dass man in der Unterführung in der Klagenfurter Tarviser Straße sprayen darf. Das wurde auch toleriert. Doch es hat sich immer weiter ausgebreitet. Wir gingen der Sache nach und stellten fest, dass es dort nie erlaubt war. Es gibt nur einen einzigen Ort in Klagenfurt, wo es erlaubt ist: in der Rosentaler Straße bei der Messe neben der Trafik. Eingeschritten sind wir immer. Jetzt haben wir mehrere Personen erwischt, Strafverfahren werden folgen. Wobei die Strafe im Regelfall geringer ausfällt als die Schadenswiedergutmachung: Die ist sehr teuer. Graffiti sind für mich ein gesellschaftliches Phänomen. Wie geht man damit um? Man sollte öffentliche Flächen zur Verfügung stellen, die interessant für die Sprayer wären, denn die wollen, dass ihre Arbeit gesehen wird. Eine Lösung kann nur gemeinsam gelingen und mit Selbstregulierung der Szene. Warum stellt man nicht Tafeln auf an verschiedenen Orten? Wir wollen keinen Polizeistaat, aber wenn das Problem größer wird, müssen wir schärfer vorgehen -etwa mit Zivilstreifen, was auch jetzt gemacht wurde. Doch die Verantwortlichen müssen sagen: Hier ja, dort nicht.
Maier: Plakatwände kann ich mir vorstellen, damit die Leute ihre Flächen haben und nicht nachts losziehen müssen. Bei den legalen Flächen ist aber das Problem: Sie werden schnell wieder übermalt – und Farben sind teuer.
Wie sieht die Stadtplanung die Graffiti?
Peter Kosjek: Die Überlegungen, wie man den Bedürfnissen der Sprayer gerecht wird, sind in Klagenfurt nicht neu. Mehrere Flächen wurden diskutiert, schriftliche Freigaben gab es nicht. Auch mobile Flächen wurden angedacht, aber nicht umgesetzt. Wir würden vorschlagen, Flächen freizugeben, wo die Künstler ihre Werke anbringen können.
Reinisch: Eventuell wollen wir einen Sprayer-Contest machen, etwa beim Park-and-Ride-Platz bei Minimundus, wo es fünf Meter hohe Werbetafeln gibt. Da könnte sich die Szene treffen und austauschen. Wird die Szene wachsen?
Pschernig: Es wird nicht weniger. Es wird ein weltweites Phänomen bleiben, immer mehr Leute machen Bilder mit hohem künstlerischem Anspruch. Dazu verwendet die Werbeindustrie immer öfter Graffiti.
Maier: Es hat sich von einer Jugendbewegung zu einer eigenen Kunstszene entwickelt. Banksy ist ein millionenschwerer Künstler. Vor zehn Jahren wurde er in London als Sachbeschädiger gejagt.
Ist es vorstellbar, eine Seite des Klagenfurter Stadttheaters für Graffiti freizugeben?
Kosjek: Aus Sicht der Stadtplanung ist das undenkbar. In architektonisch hochwertigen Bereichen wie der Innenstadt sollte man das nicht machen. Wenn man Gebäude freigibt, ist darauf zu achten, wie sich die Umgebung präsentiert.
Maier: In der Theatergasse gibt es eine riesige graue Wand zwischen den Altbauten. Die würden wir gerne von einem Künstler bemalen lassen. Wie müssten wir vorgehen?
Kosjek: Erst Rücksprache mit uns halten. Aber der Vorschlag ist sicher prüfenswert.
Ich kaufe eine Dose Lack, gehe zum Stadttheater, male und werde erwischt. Was wird mir geschehen?
Kumnig: Da das Gebäude unter Denkmalschutz steht, wäre es schwere Sachbeschädigung. Der für das Theater Verantwortliche wird sich dem Verfahren mit Schadenersatzforderungen anschließen. Der Strafrahmen beläuft sich in dem Fall auf bis zu zwei Jahre Haft oder 360 Tagessätze. Wenn der Schaden 50.000 Euro überschreitet, ist das straferhöhend.
Kärntner Tageszeitung, 25.02.2013
Illegale Graffiti-Sprayer verursachen nicht nur hohe Schäden, diese „Künstler“ riskieren dabei sogar oft ihr Leben.
Seit der Film „Wholetrain“ im Jahr 2006 die Graffiti-Szene in die Kinos lockte und zeigte, wie Sprüher einen ganzen Zug mit ihren Gebilden verändern, greifen offensichtlich immer mehr „Berufene“ zur Spraydose. Doch leider verschönern viele davon nicht nur legal graue Wände, sondern verunstalten neben Hausmauern und Werbetafeln auch Züge und Bahnhöfe.
„Ich denke, die Sprüher wären auch wenig erfreut, wenn wir ihren Pkw verunstalten“, ist ÖBB-Sprecher Rene Zumtobel über die zahlreichen Schmierereien auf Zügen und Haltestellen erbost. Österreichweit wurden die ÖBB im vergangenen Jahr Opfer von knapp 1300 Fällen, die Schäden in der Höhe von mehr als 1,1 Millionen Euro verursachten.
Doch auch in Tirol nimmt die Zahl der Beschädigungen massiv zu. „Betrug der Gesamtschaden im Jahr 2011 noch rund 22.000 Euro, mussten wir im Vorjahr 43 Fälle mit einem Schaden von mehr als 54.000 Euro registrieren“, so Zumtobel.
Die ÖBB haben nun reagiert und lassen immer mehr abgestellte Fahrzeuge durch private Sicherheitsdienste bewachen. „Wir arbeiten auch sehr eng mit der Polizei zusammen und jeder Fall wird zur Anzeige gebracht“, erklärt der ÖBB-Sprecher und appelliert an die illegalen Sprüher: „Lasst es sein, es bringt nicht nur Ärger, sondern ist auch lebensgefährlich.“ Denn abgesehen von der Beschädigung der Fahrzeuge, bewegen sich die Täter oft unerlaubt am Gleis oder riskieren mit dem Besteigen der Züge ihr Leben.
Doch viele lassen sich auch davon offensichtlich nicht abhalten. Erst Ende Jänner besprühten – wie berichtet – Unbekannte am Innsbrucker Westbahnhof zwei Reisezüge und hinterließen einen Schaden von in Summe rund 2900 Euro.
Kronen Zeitung, 25.02.2013
Die komplette Preview fürs neue Stylefile #41 gibt es hier.