Gerade auf ilovegraffiti entdeckt:
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Hier noch ein Bericht aus Wien, aus der „Heute“ vom 18.1.2010:
„Ihre Flucht angesichts eines Polizeiautos verriet am Wochenende zwei Graffiti-Sprayer (14, 15) an der Hohenfeldgasse in Donaustadt.Die Beamten, die das Duo stellten, fanden bei den Floridsdorfern nicht nur Spraydosen, sondern auch Beweis-Fotos: Die Burschen hatten „verzierte“ Mauern und Stromkästen mit der Handycam geknipst.“
Graffiti scheint nun wieder ein alltägliches Thema in der österreichischen Presse geworden zu sein. Hier ein Bericht aus der „ÖSTERREICH“ von heute.
„Kapitulation vor Sprayern. Die Stadt kommt mit der Reinigung nicht nach.
Wien. Weil gesäuberte Flächen nach kurzer Zeit ohnehin wieder beschmiert werden würden, hat die MA 29 entschieden, nur noch Graffitis mit politischen, sexistischen oder rassistischen Parolen zu entfernen. „Aus Budgetgründe“, heißt es in einem aktuellen Amtsbericht, Die MA 29 ist ursprünglich für Bau und Instandhaltung von Brücken zuständig, fürdie Reinigung dieser Bauwerke fehle Geld und Personal. Leider sind genau dort die meisten Graffitis.
Schlampig. Dafür zeigt auch die Opposition Verständnis. „Eigentlich sollte das die MA48 machen“, sagt VP-Gemeinderat Günter Kenesei, „die Reinigung jetzt dauert ewig und wird schlampig gemacht.“
„“Was bewegt Sprayer dazu, über Zäune zu klettern, Züge und Mauern anzumalen und dann vor den Bullen zu flüchten? Zwei Insider packen aus.
Wir treffen Tom im Hinterraum eines Wiener Lokals. Ob wir die Aufnahmen nach dem Gespräch löschen wurden, fragt er mit leiser Stimme. Klar, wenn es gewünscht ist. Graffiti ist kein normales Hobby wie Tennis oder Fußballspielen. Die meisten aktiven Sprayer besprühen fremdes Eigentum. Das ist gesetzeswidrig und wird im gröbsten Fall mit Freiheitsentzug bestraft, auf gut Deutsch, mit Gefängnis. Da drangt sich die Frage auf: Was bewegt die Menschen dazu, über Zäune zu klettern, Züge und Mauern an zu malen und dann vor den Bullen zu fluchten? „Ich wollte damals nur den Mädels gefallen“, erzählt uns Tom, während er an seinem Schwarztee nippt. Zu sprayen begonnen hat er in Berlin. Dort sah er auf Gebäuden und entlang der S-Bahn-Strecke unzählige Pieces und Tags (siehe Graffiti-ABC). Das war der Anfang seiner – nicht ungefährlichen – Leidenschaft. Tom erinnert sich, wie er zum ersten Mal ans Werk ging. Angelehnt an eine Wand, der Zug Zentimeter an seiner Nase vorbeirauschend – der Moment sei einfach „geil“ gewesen.
Politik mit Spraydose
Ähnlich beschreibt auch der 26-jährige Joe seine ersten Sprayversuche. Joe ist gebürtiger Wiener und Kenner der Szene. Vor zehn Jahren verlor er seine Unschuld. Es geschah an einem Brückenpfeiler von einer Autobahnauffahrt. Mit dabei war ein Kumpel. Er sollte Joe den Rücken freihalten. Nach einer halben Stunde war alles vorbei. Joe hatte es endlich getan, er war euphorisch. „So euphorisch, dass ich den ganzen vierstündigen Heimweg ohne Unterbrechung geredet habe“, schildert er den Kick. Seit diesem Tag ist er von Graffitis besessen. Seit diesem Tag gehören aber auch Paranoia, Hass und Ablehnung seitens der Bevölkerung zu seinem Alltag. Dabei geht es Joe auch um eine politische Botschaft. „Als ich mit 16 angefangen habe, war das einfach zur Gaudi.“ Inzwischen ist es ein Ausdruck von Freiheit, es geht um die Aneignung von Staatseigentum. Die Stadt gehört allen und wenn Architekten „das Stadtbild mit ihren hässlichen Bauten verändern dürfen, nehme ich mir das Recht heraus, es auch zu tun.“ Wien sehen die beiden als „Schlaraffenland“. Leute aus ganz Europa kamen hierher, um zu malen. „Es gibt noch so viele kahle, graue Mauern, die förmlich danach schreien angesprayt zu werden.“ Kirchen und Wohnhäuser seien Tabu, versichert Joe.
Razzia, 4 a.m.
Das besänftigt die hartesten Gegner der illegalen Szene nicht. Die Wiener Linien haben ein drei Mann starkes „Anti-Spray- Team“ ins Gefecht geschickt. Dieser Mini- Trupp ist taglich vier Stunden im gesamten U-Bahn Netz unterwegs und entfernt kleinere Kritzeleien. Trotzdem haben es die Sprayer in Wien leicht, wenn man Wien mit deutschen Großstädten vergleicht. Die von Polizei und Bundesgrenzschutz gegründete Sonderkommission (SOKO Graffiti) in deutschen Stadten agiere am Rande der Legalitat, beklagt sich die Graffitiszene. Writer werden zu Aussagen gegen Kollegen
gezwungen, Hausdurchsuchungen um vier Uhr in der Früh durchgeführt. So war das damals auch bei Joe. Er hatte sich gerade zu Hause mit einem Freund eine Tüte angeraucht, da stand die Polizei vor der Tür. Joe wurde von „Kollegen“ verpfiffen. Er bekam eine Bewährungsstrafe aufgebrummt und musste Schadensgeld berappen. Ans Aufhören denkt er trotzdem nicht. „Graffiti ist für mich eine Kunst. Und Kunst darf nicht illegal sein.“ Er ist naturlich vorsichtiger geworden und überlegt jeden Schritt ganz genau. Da kann es schon mal vorkommen, dass er zwei Wochen lang in einem Busch hockt, bis er zur Tat in der Nacht schreitet. Deswegen glaubt auch Tom, dass überwiegend Anfänger erwischt werden. „Die (SOKO) klatscht sich drei Mal in die Hande, wenn Sie jemanden erwischen. Meistens ist es Peter, der eine Liebesbekundung an Susi bei einer Bushaltestelle hinterlassen wollte“, scherzt er.
Stilwechsel
Mit ein Grund, warum Tom und Joe bisher relativ wenig Stress mit der Polizei hatten, ist die Vorsicht: „Graffiti Writer“ und Sprayer besitzen oft mehrere Identitäten und sind übervorsichtig bis paranoid. Jeder Newcomer wird kritisch beaugt. Es konnte ja jemand von der Polizei sein. Joe selbst
zählt sich mittlerweile zum Urgesteinen in Wien. Seinen Künstlernamen verrät er uns nicht, sehr wohl aber den diverser Szenegrößen. Dazu gehören Bild, dessen Werke an der ganzen Sbahn-Strecke in Wien zu bewundern sind, ebenso die Bande Crew, Luxus, Discom und Keramik. Der Style in Wien hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Statt geschwungener, komplizierter Formen, regiert das Einfache
und Minimalistische. Die Wiener Szene hat 60 bis 100 aktive Maler und weitere 100, die noch nicht „ernst genommen“ werden, also Anfanger. Die meisten Sprayer kommen übrigens aus Schnöselfamilien – also nichts mit Ghetto, auch wenn ihre Trains das vermuten ließen. Wir sagen: Piece!
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Familienvater muss für vier Monate hinter Gitter, nachdem er bereist zum zweiten Mal beim Sprayen erwischt worden war. Vor Gericht zeigte sich der 28-Jährige reumütig und geständig.
Für die einen sind Graffitis Kunst, das Eigentum anderer ohne Erlaubnis mit Farbe zu verzieren, ist jedoch kein Kavaliersdelikt. Der Gesetzgeber spricht von schwerer Sachbeschädigung. Das muss nun ein 28-jähriger Familienvater einsehen, der bereits zum zweiten Mal dabei erwischt wurde, wie er sich auf einem Objekt verewigte, das nicht sein eigen war.
In der Klagenfurter St. Veiter Straße hinterließ er an Wohnhäusern seine Insignien in pinkem Lack, in der Bahnhofstraße bemalte er das Fensterbankerl eines unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes. Der Schaden beläuft sich auf rund 5000 Euro.
„Ich war betrunken“, versuchte sich der gebürtige Wolfsberger jetzt vor Richterin Sabine Rossmann am Klagenfurter Landesgericht zu verteidigen. Doch Rossmann hielt dem vorbestraften Angeklagten vor, er hätte sich das zumindest vor der letzten Tat überlegen sollen: „Sie wurden bereits einmal zu vier Monaten Strafe wegen Graffitisprayens verurteilt, damals bedingt. Man hat Ihnen damals sicher auch gesagt, dass man für so etwas ins Gefängnis gehen kann.“
Unbedingt Haft
Der Mann, der momentan wegen Arbeitsunfähigkeit von einem AMS-Pensionsvorschuss in Höhe von 300 Euro im Monat lebt, nickte betreten. Diesmal wurde er zu vier Monaten unbedingter Haftstrafe verurteilt. Bevor der seit einigen Jahren in Klagenfurt lebende Mann das Urteil annahm, flüsterte er noch einem verständnisvoll wirkenden Mann, der während der Verhandlung neben ihm saß, zu, dass er bei der Tat nicht allein gewesen sei und auch nicht alle angeklagten Objekte besprüht habe.
Wenig später outete sich der Sitznachbar als Kripo-Beamter. Tatsächlich fahndet die polizei noch nach unbekannten Graffiti-Sprühern, die in den vergangenen Wochen Bahnhöfe in Lienz, St. Veit und Wolfsberg bunter gestalteten und sich auch einige Züge als Ziel ausgesucht hatten. „Der Schaden beträgt eine Viertelmillion Euro. Zum Teil müssen die beschmierten Waggons neu lackiert und die beschädigten Schilder ausgetauscht werden“, sagt ÖBB-Sprecher Christoph Posch. Die Bahnhöfe würden jetzt stärker überwacht.
Kleine Zeitung