Stadt als Leinwand


Manche sehen Graffitikunst als Verschönerung Wiens, andere als Sachbeschädigung
Von Sabine Karrer
Die Wiener Graffiti-Szene der ersten Generation ist in die Jahre gekommen.

Wien. Ob Joseph Kyselak stolz auf seinen „Nachwuchs“ gewesen wäre? Der Österreicher malte im 19. Jahrhundert auf Wanderschaft seinen Namen an zahlreiche Gebäude und Wände, gilt als erster dokumentierter Vorreiter der Graffitibewegung und praktisch als Erfinder des sogenannten Taggens, dem Hinterlassen seines Namenszugs. Das rund 200 Jahre nach ihm das Graffitisprayen noch immer Aufmerksamkeit erregt und sich teilweise sogar als Kunst etabliert hat, hätte Kyselak sicher gefreut. Wie er zu legalen Flächen gestanden hätte, die etwa das Projekt „Wiener Wand“ zur Verfügung stellt, darüber könnte man streiten. Immerhin: Kyselak selbst wird beim Taggen zu Monarchie-Zeiten kaum um Erlaubnis gefragt haben.

„Die legalen Flächen nutzen vor allem Junge und Leute, die besonders schöne Sachen machen“, sagt Norbert Siegl, der im Rahmen des Projekts graffitimuseum.at Führungen zu verschiedenen Plätzen in Wien anbietet. Wie zum Beispiel am Donaukanal. Es gehe den Sprayern nicht nur, aber stark auch um Selbstbehauptung, teils um pubertäre Vorstellungen oder um die „Verarschung der Öffentlichkeit“, betont Siegl. Auch wenn junge Menschen immer wieder glauben, sie würden die Welt neu entdecken: Die Sprayer der ersten Generation sind heute um die 40, 45 Jahre alt.
Alter Hase tritt ruhiger
Einer dieser „alten Hasen“ ist Thomas. Nicht zuletzt, weil er in wenigen Monaten heiraten wird, wurde es Zeit für ihn, in Sachen Sprayen ruhiger zu treten: „Den Stress brauch’ ich nicht mehr“, sagt der Wiener. Und meint damit vor allem Stress mit der Polizei, mehrere Male wurde er in der Vergangenheit bereits verhaftet. Nachweisen konnte man ihm nie etwas, worüber er im Nachhinein froh ist. Denn die Strafen bei Verurteilungen sind hoch. Johann Golob von der Wiener Polizei bekräftigt, dass man natürlich gegen illegale Sprayer vorgehe, kann aber keinen Auf- oder Abwärtstrend erkennen. International arbeite man eng mit den Behörden zusammen, da es sich teilweise um Gruppen handelt, die durch die Länder ziehen und dort ihre Spuren hinterlassen, so Golob.
Früher ist Thomas regelmäßig mit Marker oder Spraydose losgezogen, um seinen Namen in der Öffentlichkeit zu hinterlassen. Tatsächlich nicht immer unbedingt legal, wie er heute zugibt. Wie viele Sprayer war er als Jugendlicher über Hip Hop mit der Szene in Berührung gekommen. „Ich mag es einfach, etwas Schirches schöner zu machen“, sagt er. Etwas „Schirches“, das können Betonwände ebenso sein wie öffentliche Gebäude. An privatem Eigentum würde sich Thomas allerdings ebenso wenig austoben, wie etwa an Bauwerken wie dem Stephansdom. „Davor hat man in der Szene Respekt“, sagt er.
Ähnlich wie einst Kyselak, hinterlässt auch Thomas in der Regel nur seinen Schriftzug. Und da ist er nicht der einzige: Namen wie Keramik, Solo oder Sand begegnen aufmerksamen Wien-Spaziergängern. Gesprayt wird mal nach mehr, mal nach weniger Vorbereitungszeit, erzählt Thomas: „Meistens überlegt man vorher, wo man seine Zeichnung hinterlässt, macht Skizzen und übt viel“, sagt er. Schnelligkeit ist dabei selten das wichtigste Kriterium, wer etwas auf sich hält, achtet immer auf die Qualität seiner Werke. Danach werde man schließlich innerhalb der Szene beurteilt. Wie vielen anderen Sprayern geht es Thomas nicht zuletzt darum, öffentlichen Raum zu erobern, Präsenz zu zeigen, seine Botschaft zu verbreiten. Auch wenn er sich selbst oft nicht im legalen Raum bewegt, würde er sich mehr freie Flächen wie jene des Projekts Wiener Wand wünschen, sagt er. „Insgesamt ist Wien sicher eine sehr saubere Stadt, was Graffiti betrifft“, betont er aber auch.
„Lässt einen nicht los“
Seine Farben kauft Thomas in Roman Somogyis „Color Store Vienna“ in der Burggasse. Dieser will von illegalen Aktionen nichts wissen, er ist überzeugt, dass seine Kunden „nur Nettes“ malen. Besonders freut es ihn, wenn junge Menschen in ihrer Freizeit malen, anstatt vorm Fernseher zu sitzen. „Ich hatte keinen Bezug zum Malen und war eher peinlich berührt, als mir vor etwa 20 Jahren der erste Bub seine Skizzen vom Wochenende gezeigt beziehungsweise geschenkt hat“, erzählt Somogyi. Längst hat ihn das „Fieber“ auch gepackt, seitdem malt er an der legalen „Rookiewall“ auf der Donauinsel mit.
Auch Thomas weiß, dass das Sprayen einen so leicht nicht mehr loslässt, sogar ein gewisses Suchtpotenzial birgt. Ganz lassen kann er es selbst heute noch nicht. Dabei hängen bei ihm im Wohnzimmer bereits „ganz normale Bilder in Rahmen“, wie er sagt. Schließlich gehe er ja auch schon auf die 40 zu.
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